Das Lipödem ist mehr als nur ein kosmetisches Problem – es handelt sich um eine chronische Erkrankung des Fettgewebes, die sich in erster Linie an den Beinen und mitunter auch an den Armen zeigt. Betroffene berichten von einer gleichmäßigen, aber unproportionalen Zunahme des Fettgewebes, die sich durch starke Druckempfindlichkeit und Schmerzen bemerkbar macht. Selbst leichte Stöße führen oft zu blauen Flecken, was den Alltag zusätzlich belastet. Charakteristisch ist, dass Füße und Hände ausgespart bleiben – ein Detail, das hilft, die Krankheit vom Lymphödem zu unterscheiden. Fast ausschließlich Frauen sind betroffen, und nicht selten vergehen Jahre bis zur Diagnose. Diäten oder sportliche Aktivität können das Fortschreiten der typischen Fettansammlungen nicht aufhalten, was viele Patientinnen in eine frustrierende Situation bringt.
Zur Abgrenzung gegenüber venösen Problemen lohnt auch ein Blick auf Venenschwäche. Beide können gleichzeitig vorliegen, benötigen aber unterschiedliche Behandlungsansätze.
Die genauen Auslöser sind noch nicht abschließend geklärt. Aktuelle Leitlinien beschreiben ein multifaktorielles Geschehen: Eine genetische Veranlagung gilt als wahrscheinlich; oft berichten Betroffene über weitere Fälle in der Familie. Häufig beginnt oder verstärkt sich das Lipödem in hormonellen Umbruchphasen wie Pubertät, Schwangerschaft oder Wechseljahren. Adipositas kann die Beschwerden verstärken, ist aber nicht die Ursache der disproportionalen Fettverteilung.
Ein wichtiger Punkt: Das Lipödem bildet sich nach heutigem Wissensstand nicht spontan zurück; ohne Therapie bleibt die Symptomatik in der Regel bestehen oder schreitet fort.
Kennzeichnend sind Druck- und Berührungsschmerz, Schwere- und Spannungsgefühl in den betroffenen Extremitäten sowie eine symmetrische Umfangszunahme an Beinen und/oder Armen. Häufig treten blaue Flecken bereits nach geringfügigen Stößen auf. Ein praktischer Hinweis in der Differenzialdiagnostik: Bei Lipödem sind Fuß- und Handrücken meist nicht beteiligt, die Knöchel erscheinen „abgeschnürt“. Belastungen im Alltag – Gehen, langes Stehen, Wärme – können die Schmerzen erhöhen. Viele Frauen berichten über eine deutliche Alltags- und Lebensqualitätsbeeinträchtigung.
Die Therapie folgt einem Stufenmodell. Konservativ stehen flachgestrickte Kompressionsversorgung, Bewegung (vor allem gelenkschonend wie Aqua-Fitness), Gewichtsmanagement, Hautpflege und – wenn nötig – manuelle Lymphdrainage im Vordergrund (bei zusätzlicher Lymphkomponente). Diese Maßnahmen reduzieren Schmerzen, Ödemkomponente und Alltagsbeschwerden, ändern jedoch die krankhafte Fettverteilung nur begrenzt.
Operativ kann eine Liposuktion (z. B. Tumeszenz-, WAL- oder PAL-Verfahren) die krankhaft veränderten Fettzellen gezielt entfernen und Beschwerden nachhaltig lindern. Nach aktueller Beschlusslage wurde die Liposuktion nach positiver Nutzenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss in den regulären Leistungskatalog aufgenommen – unter definierten Voraussetzungen (u. a. konservative Vorbehandlung und Qualitätsvorgaben). Details und nächste Schritte zur bundesweiten Abrechnung sind in den G-BA-Unterlagen beschrieben (siehe Quellen unten).
Wer tiefer in operative Optionen, Indikationen und Nachsorge einsteigen möchte, findet strukturierte Informationen und Ansprechpartner – etwa zu modernen Behandlungsoptionen beim Lipödem –, sowie in den medizinischen Leitlinien. Für eine fundierte Planung empfiehlt sich immer die Vorstellung in einem erfahrenen Zentrum.
Die belastbaren epidemiologische Daten zum Lipödem sind begrenzt; Fachgesellschaften weisen auf eine Unterdiagnose hin. Für Deutschland wird geschätzt, dass ca. zwischen 500.000 und 1 Million Frauen betroffen sein könnten. Internationale und nationale Gremien betonen zugleich, dass solide Prävalenzstudien fehlen und der tatsächliche Anteil variieren kann. Klar ist auf jeden Fall: Das Lipödem tritt nahezu ausschließlich bei den Frauen auf und beginnt oft um die Pubertät, nach einer Schwangerschaft oder auch in den Wechseljahren.
R. G, 25.08.2025
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